Seit kurzem bin ich stolzer Besitzer eines digitalen Oszilloskops (im Englischen oft als DSO = Digital Sampling Oscilloscope bezeichnet). So ein Gerätchen macht viel Spaß und es ist schon erstaunlich, was die Teile heute schon für kleines Geld können! Wenn mein Vater das noch erlebt hätte! Die Elektronik war auch sein Hobby und er hätte sicher gern ein Oszilloskop gehabt. Aber damals gab es nur analoge und die waren sündhaft teuer. Er hatte nur ein analoges Messgerät (heute sagt man Multimeter, weil sie so viel mehr können) zur Verfügung, hat aber auch damit zwei Dr. Böhm Heimorgeln selbst zusammengebaut!
Schon länger trug ich mich mit dem Gedanken, so ein Gerät anzuschaffen. Nachdem mein Freund Wolfgang es einfach gemacht hat und ich es mir bei ihm neulich abends mal angeschaut habe, hab ich es umgehend dann auch einfach gemacht! 😉
Mein Oszi war mit nur €329,– bei Conrad (dort auch mehr Fotos) echt günstig, vor allem wenn man bedenkt, dass solche Geräte locker auch mal um die €20.000,– kosten können. Conrad hat da ein Gerät von Tekway bzw. Hantek umgelabelt und den Bootscreen angepasst. Ansonsten ist das Conrad/Voltcraft DSO-1062D aber wohl baugleich mit dem Tekway DST1062B oder dem Hantek DSO5000B. Das Conrad Teilchen hat zunächst mal „nur“ eine Bandbreite von 60 MHz, aber da es intern eines dieser „besseren“ Geräte ist, kann man es „hacken“ und auf 200 MHz Bandbreite hochschrauben. Das hat bei meinem auch geklappt (mit dem entsprechenden Windows Tool) – wobei ich als Oszilloskop-Anfänger ehrlich sagen muss, dass ich noch nicht weiß, ob ich das wirklich „brauche“.
Neben dem erschwinglichen Preis erschienen mir noch ein paar Eckdaten erfreulich:
- 800×480 Pixel wide screen 7″ TFT Display
- bis zu 1 GSa/s (mancherorts liest man auch GSps, also Giga samples per second sind gemeint)
- bis zu 2M sample memory
- Zwei USB Schnittstellen: eine Host zum PC/Mac und eine vorne für USB Speicher Sticks (u.a. für Screenshots, aber das geht auch einfacher, s.u.)
- Zwei mitgelieferte Probes
- Das Math Menü bietet auch FFT
- Es gibt neben dem YT Modus auch einen XY Modus (Lissajous-Figuren ahoi!)
Noch mehr erfreuliche Punkte dann am Ende des Artikels! 😉
„Dank“ Grippe konnte ich noch nicht so viel damit machen, aber auspacken, einschalten und das ein oder andere mal ausprobieren war mittlerweile drin.
Kalibrierung der Probes
Als erstes justiert man mal die Probes mit dem kleinen, beigelegten Schraubendreher. Dazu schließt man die Messspitze am 5V@1kHz Anschluss an der Front des Geräts an und die Masse direkt darunter. Einmal auf die „Auto Set“ Taste gedrückt zeigt einem dann eine mehr oder weniger schöne Rechteck-Kurve. Eine eventuelle Unter- oder Über-Kompensation kann man jetzt mit dem Schraubendreher einstellen, so dass man dann eine möglichst „schöne“, also möglichst rechteckige Kurve sieht. Kinderspiel. 🙂
Ein erstes Experiment
Als nächstes musste was interessanteres aufs Display und da passte es prima, dass ich neulich mal eine hübsche Schaltung mit dem allseits beliebten NE555 IC aufgebaut hatte (leider aufgrund des traurigen Anlasses des Todes des Erfinders des 555er Chips, Hans Camenzind). Zu dieser Schaltung folgt noch ein eigener Blog-Artikel. Hier erstmal nur ein Oszilloskop Screenshot:
Und da erfüllte das neue Gerät schon eine Hoffnung, die ich hatte: es trägt ungemein dazu bei, Elektronik besser zu verstehen. Einfach schon alleine dadurch, dass es die Vorgänge in der Schaltung prima visualisieren kann.
Wie rechteckig darfs denn sein?
Dann habe ich mir nochmal die gerade erwähnte 1kHz-5V-Gleichspannung angeschaut, die das Oszi vorne zum Eichen produziert und habe mal gaaaanz dolle reingezoomt in den Anstieg von 0V auf 5V. Und siehe da: je genauer man hinschaut, desto runder wird dieses „Rechteck“:
Man sieht also: um von 0V auf 5V zu kommen, brauchts dann schon auch mal ein „Weilchen“, nämlich 5.44μs. Interessanterweise geht es am Ende, beim Abstieg von 5V zu 0V, schneller. Nämlich in nur 2.57μs:
Szenen-Unterstützung
Wenn die Begeisterung über das, was das Gerät alles von Haus aus kann, nicht reicht, dann kann man noch feststellen, dass es (und seine baugleichen Modelle von Hantek und Tekway) „in der Szene“ sehr beliebt ist und gut angenommen wird:
- Es gibt ein super DSO-USB-Tool für Windows, OS X und Linux von Peter Dreisiebner, was ich unter OS X 10.8.2 mit der notwendigen libusb auch sofort ans Laufen bekommen habe. Damit kann man nicht nur prima Screenshots direkt (ohne den Umweg über einen USB Stick am Gerät) machen, sondern allerhand mehr! (Wenn das Tool unter OS X mal den Dienst verweigert hilft meist: DSO ausschalten, USB Kabel abziehen, DSO einschalten, USB Kabel wieder verbinden.)
- Das Protokoll, über welches dieses Tool sich mit den unterstützten Oszilloskopen (solche der DSO 2.0 Plattform) unterhält, wird hier dechiffriert und dokumentiert.
- Im mikrocontroller.net Forum gibt es diesen langen und super interessanten Thread, in dem man z.B. auch lernen kann, wie man den doch etwas störend lauten Lüfter leiser machen kann (das einzige Manko des DSO-1062D, das ich bisher ausmachen konnte). Einfach im Browser nach „Lüfter“ suchen und dann alle Beiträge dieses Threads dazu lesen. 😉
- Man kann aus diesem DSO sogar ein MSO (Mixed Signal Oscilloscope) machen — zumindest theoretisch, denn es ist doch etwas aufwändig. Aber es geht! Siehe hier.
- Und schließlich scheint es sogar möglich, das Teilchen über einen USB-WLAN-Stick netzwerkfähig zu machen! Darüber liest man in diesem gigantischen Thread im EEVBLOG Forum (so ca. auf Seite 30 des Threads).
Als nächstes „brauche“ ich dann wohl mal einen Funktionsgenerator, oder? 😉
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